PressClub Deutschland · Artikel.
Ganz real: Virtual und Augmented Reality eröffnen neue Dimension für das Produktionssystem der BMW Group
Tue Apr 09 15:25:38 CEST 2019 Pressemeldung
Schnelle und flexible Planung neuer Arbeitsplätze in der Produktion dank Virtual Reality und digitalisierter Fabrikdaten in 3D +++ Optimales Anlernen von Mitarbeitern dank Augmented Reality Technologien +++ Von der BMW Group entwickelte Software ermöglicht Gestaltung von Trainings ganz ohne Programmierkenntnisse +++ Soll-Ist-Vergleich zwischen Kamerabild und CAD-Modellen erlaubt schnelle, unkomplizierte Überprüfung der Qualität von Teilen und Fahrzeugen
Pressekontakt.
Andreas Hemmerle
BMW Group
Tel: +49-89-382-21880
E-Mail senden
Author.
Andreas Hemmerle
BMW Group
This article in other PressClubs
München. Die BMW Group setzt in der Produktion verstärkt auf zukunftsweisende, einfach zu bedienende und effektive Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) Anwendungen. VR-Darstellungen, also künstlich erzeugte Bilder, erreichen häufig eine Qualität, die sie von echten Bildern kaum mehr unterscheidbar macht. Bei AR-Anwendungen ergänzen Visualisierungen reale Bilder. Darstellen lassen sich AR- und VR-Bilder in speziellen Brillen oder auf ganz normalen Tablet-Computern. Damit sind sie in der Produktion ideal für den Einsatz in den Bereichen Training und Qualifizierung, Planung von Arbeitsplätzen am Produktionsband oder Qualitätskontrolle. Die Technik bleibt dabei immer im Hintergrund: Umfangreiche IT-Kenntnisse sind nicht erforderlich, um diese Anwendungen effizient zu nutzen.
Planung von Arbeitsplätzen
VR macht es möglich: Planer für Gebäude, Anlagen, Logistik und Montage können zusammen mit Produktionsmitarbeitern neue Fertigungsbereiche vollständig virtuell beurteilen und neue Abläufe in 3D proben. Basis für diese Art der Planung sind digitalisierte Fabrikdaten, die in 3D vorliegen. Seit mehreren Jahren erfasst die BMW Group reale Strukturen ihrer Werke digital mit speziellen 3D-Scannern und hochauflösenden Kameras auf wenige Millimeter genau. Damit steht ein dreidimensionales Abbild der Produktion zur Verfügung. Eine aufwändige, digitale Nachkonstruktion der realen Strukturen und ein manuelles Erfassen vor Ort sind nicht mehr nötig. Bei der Planung zukünftiger Arbeitsplätze oder ganzer Montagehallen kombinieren die Fachbereiche der BMW Group nun die vorhandenen Daten mit einer virtuellen „Bibliothek“, die Regale, Gitterboxen, Kleinladungsträger und rund 50 weitere besonders gebräuchliche Betriebsmittel enthält.
Training und Qualifizierung
Die BMW Group schult in ihrer Produktionsakademie Führungskräfte, Fertigungsplaner, Produktionsspezialisten und Qualitätsspezialisten zu den Prinzipien der schlanken Produktion. Das in der Lernfabrik erworbene Wissen wird von diesen Multiplikatoren dann in den Werken weitergegeben. Seit rund eineinhalb Jahren unterstützen AR-Brillen bei den Trainings zur Motoren-Montage. Visualisierungen leiten durch alle Arbeitsschritte und geben gezielte Hinweise. Das Tempo des Trainings bestimmt der Teilnehmer selbst per Sprachsteuerung. Drei Teilnehmer können gleichzeitig AR-unterstützt trainieren, kurz angeleitet und betreut durch einen Trainer. Konnte ein Trainer bisher nur eine Person in alle Prozessschritte einweisen, werden nun also drei Trainees zeitgleich geschult. Teilnehmerbefragungen und Auswertungen zum Lernerfolg haben ergeben, dass keine Qualitätsunterschiede zu einem konventionellen Anlernen bestehen.
Das Training zur Motoren-Montage kann problemlos auf andere Verschraubungsprozesse angepasst werden – mithilfe eines von der BMW Group entwickelten Autorentools, also einer speziellen Software zur Gestaltung von Trainingsprogrammen. Auch der Aufbau eines neuen Trainings gelingt dank dieser Software schnell und unkompliziert. An einem ganz normalen Computer werden zunächst die hervorzuhebenden Punkte als sogenannte Points of Interest festgelegt und anschließend mit Hilfe der AR-Brille virtuell verankert – fertig. Das Programm zur Gestaltung AR-unterstützter Trainings wird im Verlauf des Jahres 2019 allen interessierten Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
Abgleich von Bauteil und Konstruktionsdaten
Ein neues, komplexes und bis zu 25 Tonnen schweres Teil wie ein Presswerkzeug zur Herstellung von Karosserieteilen zu überprüfen kann zeitaufwendig sein. Gerade dann ist Schnelligkeit jedoch wichtig: findet die Überprüfung bereits beim Wareneingang statt, kann ein eventuell unvollständiges Werkzeug zurückgeschickt werden, noch bevor es ein Zwischenlager erreicht. Und so einfach geht es: Mitarbeiter am Münchner Standort des BMW Group Werkzeug- und Anlagenbau fixieren ein handelsübliches Tablet auf einem Stativ. Die eingebaute Kamera erzeugt ein Live-Bild des Werkzeugs. Eine AR-Anwendung überlagert nun dieses Bild mit den CAD-Daten, also den geometrischen Daten des bestellten Werkzeugs. Anhand von durchschnittlich 50 Kriterien wie Bohrungen und weiterer eindeutiger Oberflächenmerkmale erkennt der Mitarbeiter, ob alle Fertigungsvorgaben umgesetzt sind. Bei geringfügigen Abweichungen kann eine Nachbearbeitung des Werkzeugs an Ort und Stelle sinnvoll sein – weil dank frühzeitiger Diagnose dazu genügend Zeit besteht, bevor das Werkzeug zur Vervollständigung mit weiteren Komponenten in den Montagebereich geht.
Im Lauf dieses Jahres stellt der Werkzeugbau am Standort München die Eingangskontrolle angelieferter Werkzeuge vollständig auf die AR-Anwendung um. Der mühsame Abgleich zwischen CAD-Daten auf dem Bildschirm und Werkzeug ist dann endgültig Geschichte.
Das Prinzip des Abgleichs mit Konstruktionsdaten nutzt die BMW Group auch im Werk München. Mit Hilfe einer AR-Anwendung überprüfen Spezialisten an Vorserienfahrzeugen die Konstruktionsreife sowie die korrekte Einbaulage von Bauteilen in diesen Fahrzeugen. Beispielsweise lässt sich feststellen, ob eine Seitenwand (Kotflügel) die vorgeschriebenen Maße einhält, eine Abgasanlage die richtige Einbaulage hat oder alle erforderlichen Teile verbaut sind.
Die Visualisierung der dazugehörigen CAD-Daten dauert nur wenige Sekunden. Daten mehrerer Teile lassen sich beliebig kombinieren und über das Kamerabild des Tablet-PCs legen. Ein Algorithmus errechnet dabei ‚best fit‘, also die ideale Position einzelner Bauteile zueinander, und hebt wichtige Konstruktionsmerkmale hervor. Die gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für graphische Datenverarbeitung entwickelte Anwendung gibt also wichtige Hinweise darauf, ob vor Serienanlauf eines Modells konstruktive Anpassungen erforderlich sind und Fertigungsprozesse bereits Serienreife erreicht haben.