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„10 Fragen an …“ Oliver Heilmer.
Thu Jan 11 14:30:00 CET 2018 Pressemeldung
Für Oliver Heilmer, seit September 2017 Leiter MINI Design, ist Design nicht nur Beruf, sondern Berufung. Bereits seit Kindertagen leitet den gebürtigen Münchner der Wunsch, Automobile zu gestalten. Seine Vorstellung von gutem Design, seine Pläne für die Zukunft der Marke MINI und warum es dafür auch Mut braucht, verrät der 43-Jährige im folgenden Interview.
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Christophe Weerts
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Christophe Weerts
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Für Oliver Heilmer, seit September 2017 Leiter MINI Design, ist Design nicht nur Beruf, sondern Berufung. Bereits seit Kindertagen leitet den gebürtigen Münchner der Wunsch, Automobile zu gestalten. Seine Vorstellung von gutem Design, seine Pläne für die Zukunft der Marke MINI und warum es dafür auch Mut braucht, verrät der 43-Jährige im folgenden Interview.
1. Warum sind Sie Automobildesigner
geworden?
Seitdem ich denken kann, haben mich Autos
unglaublich fasziniert. Ich habe auch schon immer welche gezeichnet –
mit Begeisterung. Das fing damit an, dass ich als kleiner Junge
zusätzliche Spoiler über die Fotos in Autozeitschriften gemalt habe.
Etwas später begann ich, eigene Fahrzeuge zu entwerfen und zu
zeichnen. Entsprechend schnell war klar: Ich will Autodesigner werden.
Zu der Zeit war das kein allgemein bekanntes Berufsbild wie Arzt oder
Jurist. Sie können sich daher vorstellen, dass es in meinem familiären
Umfeld durchaus Fragezeichen gab. Ein Vorpraktikum bei einem bekannten
Automobilhersteller in Stuttgart nach meinem Abitur hat mich nur noch
mehr darin bestärkt, dass ich genau das für den Rest meines Lebens
machen wollte. Auch wenn ich damals noch nicht ahnen konnte, dass mich
das dorthin führen würde, wo ich heute bin.
2. Woher erhalten Sie Ihre Inspiration? Was fasziniert
Sie?
Grundsätzlich fasziniert mich alles, was mir einen
Impuls gibt und meine Kreativität anregt. Beispielsweise finde ich
Musik sehr inspirierend – von Jazz bis hin zu Hip-Hop. Mich begeistert
aber auch die Ästhetik von Technik. Es gibt Produkte, die nach rein
technischen Gesichtspunkten von Ingenieuren entwickelt und gebaut
wurden – und trotzdem strahlen sie eine unglaubliche Schönheit aus.
Kennen Sie z. B. die Faema Espressomaschinen aus den 1950er- und
1960er-Jahren? Das ist so ein Produkt. Seit frühester Kindheit war ich
auch vom Mähdrescher auf dem Bauernhof meiner Großeltern fasziniert.
Er hat mich komplett in seinen Bann gezogen, und ich konnte Tage damit
verbringen, einfach nur mitzufahren und zu schauen. Und natürlich mag
ich schöne Dinge. Wobei Schönheit natürlich etwas sehr Subjektives ist.
3. Was ist für Sie „gutes Design“?
Für mich ist
gutes Design in sich stimmig und spiegelt einen Zweck wider. Die
Funktion muss durch die Form sofort erkennbar und vor allem auch
nutzbar sein. Das hat nicht unbedingt etwas mit Schönheit zu tun. Und:
Für mich ist gutes Design nicht zu laut, es muss aber ein Stück weit
polarisieren – ansonsten läuft es Gefahr, beliebig zu sein. Es gibt
durchaus Beispiele im Fahrzeugdesign, die zunächst stark polarisiert
haben und dennoch oder gerade deswegen Wegbereiter für ein ganz neues
Fahrzeugsegment waren. Der BMW X6 ist so ein Beispiel. Gutes Design
muss auch nicht zwangsweise von einem Designer kommen, allerdings ist
ein gewisses Gespür für Ästhetik notwendig. Das Blech für viele
Karosserien automobiler Klassiker wurde in aufwendiger Handarbeit über
Holz in Form geklopft. Das waren damals keine Designer, sondern
besonders begabte Handwerker, mit genau diesem Sinn für die Einheit
von Form und Funktion. Sie wussten vermutlich nichts von einer
Theorie, wie beispielsweise Flächenanläufe zu gestalten sind,
Oberflächen beschleunigt oder Highlights gezielt gesetzt werden können
– sie haben es einfach richtig gemacht.
4. Was bedeutet MINI für Sie?
MINI verkörpert
für mich eine selbstbewusste moderne Haltung, die weit entfernt ist
von Luxus durch schiere Größe. Egal, wie exklusiv oder hochpreisig ein
MINI ausgestattet ist, außen ist er immer kompakt. Für mich zeigt das,
dass die Menschen, die einen MINI fahren, das vor allem für sich tun.
Natürlich wollen sie eigenständig sein und ihre Persönlichkeit ein
Stück weit durch das Fahrzeug ausdrücken. Aber das machen sie über die
inneren Werte des Fahrzeugs. Genau das macht MINI für mich klassenlos.
Dazu kommt, dass sehr viele MINI Kunden eine einzigartige, tiefe
Beziehung zu ihren Fahrzeugen haben. MINI ist eine sehr emotionale
Marke – das gibt es in der Form sehr selten im Automobilbereich.
5. Was begeistert Sie an Ihrem Job als Automobildesigner am
meisten?
Als Automobildesigner gestalten wir aktiv einen
wichtigen Teil unser aller Zukunft, und wir wollen stets das Beste aus
der spannenden Zeit machen. Natürlich wissen auch wir nicht genau, was
die Zukunft bringt. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die
technologischen Veränderungen, die wir erleben, positiv sein werden.
Zu wissen, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, ist für mich
jeden Morgen Antrieb genug, um aufzustehen. Was mich zusätzlich an
meinem Job begeistert, ist, dass Design die Möglichkeit bietet,
aufzurütteln und manche Dinge kritisch zu hinterfragen. Genau das
treibt mich an. Nur zu fordern und nichts vorzuschlagen reicht mir
nicht. In ein paar Jahren möchte ich in den Spiegel schauen und sagen
können, ich habe alles Mögliche dafür getan, das Design und damit die
Marke MINI in die Zukunft zu entwickeln. Das bisher Erreichte, was
bereits beeindruckend ist, zu verwalten, ist nicht mein Anspruch.
6. Wo sehen Sie MINI in der Zukunft, und was möchten Sie
als Leiter von MINI Design vorantreiben?
Aus meiner
Sicht ist MINI eine Marke, die sich stetig weiterentwickeln, ja sogar
verändern muss – nicht nur kann, sondern muss. Was wir bis heute in
puncto Produktpalette bei MINI auf die Beine gestellt haben, ist sehr
gut. Vor allem qualitativ sind wir so gut wie noch nie – und besser
als viele unserer Wettbewerber. Trotzdem ist für mich klar: Der Weg
kann nicht nur evolutionär sein. Es kommen große Themen auf uns zu:
Autonomes Fahren, E-Mobilität, Digitalisierung und Shared Services
sind nur ein paar davon. Und die gilt es zu gestalten. Dabei ist mir
vor allem wichtig, dass die Substanz von MINI authentisch bleibt. Denn
MINI ist eine urbane Marke, und das muss sie auch in Zukunft
verkörpern. Daher ist MINI für mich in Zukunft rein elektrisch.
Natürlich muss hinsichtlich der Infrastruktur noch viel passieren.
Aber ich sehe die Zukunft positiv. Ein anderes wichtiges Thema, das
uns zukünftig noch sehr viel stärker als heute beschäftigen wird, ist
die Beziehung zwischen Fahrzeug und Kunde. Wir wissen, dass unsere
MINI Kunden eine einzigartige Beziehung zu ihrem Fahrzeug und sogar
zur Marke haben. Wäre es dann nicht toll, in Zukunft auch auf eine Art
und Weise kommunizieren und interagieren zu können, wie man es sonst
nur von Personen und guten Freunden gewohnt ist, anstatt über Menüs
und Klicks? Und da sehe ich für MINI großes Potenzial als Wegbegleiter.
7. Zum Thema Elektromobilität: Was ist der besondere Reiz,
einen rein elektrischen MINI zu gestalten, und unterscheidet sich
dies von der Gestaltung eines Fahrzeugs mit regulärem
Verbrennungsmotor?
Neue Technologien sind für uns
Designer immer spannend, weil sie Impulscharakter besitzen und damit
etwas vollkommen Neues anstoßen können. Gerade der elektrische Antrieb
und seine Bauraumvorteile erlauben es uns, bisherige geometrische
Lösungen zu hinterfragen. Der Antrieb ist deutlich kleiner, dafür
brauchen die Energiespeicher mehr Platz als bisher ein Kraftstofftank.
Das ermöglicht uns zukünftig in Sachen Innenraumgröße und Proportionen
völlig neue Freiheiten. Und gerade darin sehe ich auch ein großes
Potenzial für MINI.
8. 2019 stellen Sie den ersten rein elektrischen MINI vor, an
dem Sie aktuell arbeiten. Was können wir erwarten?
Der
rein elektrische MINI wird ein echter MINI sein. Das heißt, Sie können
sich auf maximale Emotion und minimale Verkehrsfläche freuen. Im
Detail wird seine elektrische Natur erkennbar sein. Sicherlich durch
unkonventionelle und innovative Details, die einerseits die bisherige
traditionelle MINI Welt zitieren und sie gleichzeitig mit neuen
Technologien verbinden wird. 3-D-Druck wird sicherlich ein Thema sein.
Details kann ich noch nicht verraten, da wir aktuell intensiv am
Design arbeiten und Entscheidungen noch vor uns liegen.
9. Was können wir also in Zukunft von MINI und insbesondere
dem Design erwarten?
MINI verweilt nicht im Jetzt oder
im Gestern – auch wenn wir auf eine starke Historie zurückgreifen
können. Der classic Mini wurde enorm zweckgebunden und aus einem
starken Bedürfnis entwickelt. Unter anderem genau deswegen ist er
heute eine Ikone. Diesen Kern möchte ich weiter in die Zukunft
übersetzen – mit all den Möglichkeiten, die sich uns bieten. Gerade
der Spagat zwischen Tradition und Zukunftsorientierung macht die
Arbeit bei MINI Design so enorm spannend für mich. Und dabei darf, ja
muss MINI provozieren. Denn MINI ist eine hoch emotionale Marke. Wir
könnten und sollten es uns öfter erlauben, mutiger zu sein – auch wenn
das beinhaltet, Fehler zu machen. Denn letztendlich geht es um die
Emotion. MINI ist für mich jetzt schon nicht mehr nur ein Produkt –
MINI verkörpert für mich eine Haltung. MINI steht für stetige
Veränderung und das urbane Umfeld: das MINI Herz schlägt im
Ballungszentrum. Und für mich bedeutet MINI definitiv Diversity – das
Gegenteil von Monokultur. MINI passt in keine Schublade. Letztendlich
könnte man das alles zusammenfassen als grundsätzliche Offenheit den
Dingen gegenüber. Und ich glaube, dass MINI hier in Zukunft deutlich
mehr kooperieren muss, um diesen Anspruch auch erfüllen zu können. Und
zwar mit Kooperationen, die nicht nur einen enormen Abstrahleffekt
haben, sondern vor allem auch über den Kontext Fahrzeug hinaus denken
– so wie wir das bereits mit MINI LIVING und MINI FASHION machen. Denn
ich bin überzeugt, dass MINI als Marke auch über das Fahrzeug hinaus
funktioniert. Und die dafür essenzielle Vernetzung würde ich in
Zukunft gerne forcieren.
10. Wie wird das im Detail aussehen?
Im Zuge
aktueller Entwicklungen fragen wir uns natürlich: Was wird einen MINI
in Zukunft ausmachen? Wird es das abgesetzte Dach oder der hexagonale
Kühlergrill sein? Oder bestimmt das Interieurdesign das Exterieur, da
wir durch das autonome Fahren Lebensraum im Fahrzeug erhalten? Egal
wie, unsere Aufgabe wird sein, einen MINI als MINI erkennbar zu machen
– selbst wenn, überspitzt ausgedrückt, irgendwann nur noch viereckige
Boxen autonom das Straßenbild prägen. Ich bin überzeugt, dass sich
unser Fokus in Zukunft verschieben wird: Wir gestalten nicht mehr nur
Fahrzeuge, sondern Erlebnisse. MINI wird über das Erlebnis erkennbar
sein und über ein ehrliches Konzept, das begeistert und einzigartig
bleibt. Ich nehme an, dass die grundsätzlichen Bedürfnisse unserer
Kunden auch in Zukunft ähnlich wie heute sein werden: Sie wollen mobil
und dabei up to date sein, sie wollen in ihren Bedürfnissen so
antizipiert und unterstützt werden, dass sie Spaß dabei haben, sich
mit ihrem Fahrzeug auseinanderzusetzen. Nehmen wir das Beispiel
Connectivity: An dieser Stelle reden wir nicht über Displaygrößen,
sondern über die emotionale Bindung bei der Nutzung. Zentral ist hier
die Interaktion, und genau diese gilt es zu gestalten. Ein Weg für
MINI wäre beispielweise, die dafür notwendige Technik in den
Hintergrund zu rücken und stattdessen das Erlebnis MINI typisch
anzubieten. Hierin liegt die große Chance, die gleichzeitig eine große
Herausforderung ist. MINI könnte hier einen neuen und vor allem
eigenen Weg gehen.
Vielen Dank!